Am 27.01.2023 sprach Sozialministerin Aminata Touré im Landtag über die Bedeutung und Notwendigkeit, den Zusammenhalt vor Ort zu fördern, und um was es dabei gehen muss.
Wir geben die Rede hier in Auszügen wieder:
„Einige von uns haben Glück und fühlen sich selten einsam, andere von uns vielleicht häufiger. Ich persönlich kann mich an viele Gespräche über Einsamkeit erinnern.
Gerade während der Lock Downs.
Auf einmal war das Thema Einsamkeit deutlich präsenter.
Einsamkeit ist ein subjektives Gefühl, bei dem die eigenen tatsächlichen sozialen Beziehungen nicht den persönlichen Wünschen und Bedürfnissen entsprechen.
Es ist ein sehr vielschichtiges Thema, das bisher kaum definiert war.
Erst seit Kurzem erhält es die notwendige wissenschaftliche und sozialpolitische Relevanz, die es braucht.
Einsamkeit ist nicht zuletzt ein schambehaftetes Thema.
Wer gibt schon gerne zu: „Mir geht’s nicht gut. Ich fühle mich einsam.“
Es zieht sich durch alle gesellschaftlichen Gruppen.
Leider stellen wir gerade bei Senior*innen fest, dass sie dieses Thema zunehmend beschäftigt.
Deswegen finde ich es gut, dass wir darüber sprechen, wie wir Einsamkeit strukturell begegnen können.
Wie wir Angebotslücken zwischen gesundheitlicher, pflegerischer und sozialer Unterstützung schließen können.
In unserem Koalitionsvertrag haben wir das Ziel formuliert, in der Pflege wieder stärker vor Ort zu koordinieren und Ansprechpersonen vor Ort zu haben.
Beispielhaft werden im Koalitionsvertrag die „Community-Health-Nurse“, die „Gemeindepfleger*in“, die „Gemeindeschwester“ oder „Gemeindelotsen“ genannt.
Wir haben in Schleswig-Holstein bereits jetzt Angebote, die in die Richtungen der Anträge gehen:
- Da sind zum Beispiel die circa 60 „Dorfkümmerer“. Sie unterstützen altersunabhängig Menschen im ländlichen Raum. Sie beraten, betreuen und begleiten zu Terminen.
- Im städtischen Raum gibt es professionelle, wohnortnahe Unterstützung durch die „Anlaufstellen Nachbarschaft“ in mehreren Kieler Stadtteilen.
- Wir haben die 13 Kompetenzteams des Landesnetzwerks seniorTrainerin SH e.V. mit Angeboten gegen Einsamkeit.
- Es gibt die Pflegestützpunkte, die schriftlich, telefonisch und persönlich, auch bei Hausbesuchen, zu den Themen Leben und Wohnen im Alter sowie Pflege und Betreuung beraten.
- Es gibt die Nachbarschaftstreffs, zum Beispiel in Lübeck, Flensburg und Norderstedt. Orte, an denen man sich niedrigschwellig austauschen und begegnen kann.
Das Angebot ist vielfältig, doch offensichtlich noch nicht vollständig.
Trotz guter bestehender Strukturen und toller Menschen, die in diesen Strukturen großartige Arbeit leisten, gibt es Einsamkeit.
Vor Kurzem hatte ich einen Termin mit dem DRK. Mit Frau Langner, Herrn Geerdts und Herrn Schmieder habe ich mich auch über die Frage von Einsamkeit im Alter ausgetauscht.
Wir waren uns einig: Es braucht Angebote für das Leben und Wohlbefinden älterer Menschen, außerhalb von Pflege.
Daher finde ich es sehr sinnvoll, das Thema weiter im Ausschuss zu diskutieren.
Wie können wir bestehende Strukturen im Land weiterentwickeln und bekannter machen?
Wie können wir das Thema Einsamkeit stärker als bisher in den Fokus nehmen?
Wie können wir weg von der reinen pflegerischen Versorgungsperspektive kommen und noch stärker auf Themen wie Einsamkeit und Wohlbefinden achten?
Welche Strukturen braucht es dafür und wie können diese finanziert werden?
Im Bundeskoalitionsvertrag steht „Professionelle Pflege ergänzen wir durch heilkundliche Tätigkeiten und schaffen unter anderem das neue Berufsbild der „Community Health Nurse“.“
Jede Form von niedrigschwelliger, präventiver und unbürokratischer Hilfestellung ist sinnvoll und notwendig.
Lassen Sie uns deshalb gemeinsam unsere Kanäle nach Berlin nutzen, um hier deutlich zu machen, dass wir uns die Umsetzung des Bundeskoalitionsvertrages wünschen und erwarten.
Wir werden nicht alle Fragen politisch beantworten können. Einige Debatten werden wir als Gesellschaft im Umgang miteinander beantworten müssen.
Aber wir können uns durchaus dem Thema dahingehend widmen, welche Strukturen wir gerade in einer alternden Gesellschaft noch bereitstellen müssen.
Und mir ist es wichtig, gerade die Perspektive von Senior*innen selbst stärker in den Blick zu nehmen.
Was wünschen sie sich neben den pflegerischen Aspekten?
Ich möchte mich gerade im Rahmen von Besuchen bei Senior*innentreffs mit ihnen darüber austauschen, was sie mehr brauchen.“